Olympische Spiele

Paris 2024: Florian Unruh wird hervorragender Vierter

04.08.2024 15:02

Florian Unruh hat bei den Olympischen Spielen in Paris 2024 den hervorragenden vierten Platz belegt. Der Silbermedaillengewinner im Mixed-Wettbewerb unterlag im Bronzematch dem Südkoreaner Wooseok Lee mit 0:6 (27-29, 28-29, 28-29) und steigerte sich nach Platz fünf in Tokio 2021 nochmals.

Foto: World Archery / Kann mächtig stolz auf sich sein: Florian Unruh
Foto: World Archery / Kann mächtig stolz auf sich sein: Florian Unruh

„Ich habe aber nicht so gut geschossen, wie ich gehofft habe. Im Mixed war ich besser. Die ersten Drei waren heute besser als ich. Ich bin super zufrieden mit dem vierten Platz!“ So kommentierte Florian Unruh die Entscheidung auf den Esplanades des Invalides.

Nach Platz drei in der Qualifikation („Im Nachhinein bin ich sehr froh, dass die Qualifikation so gut lief.“) sowie vier Siegen und einer Niederlage in der Ko-Phase griff Unruh im Bronzematch nach einer Einzelmedaille. Ihm gegenüber stand mit dem Koreaner Wooseok Lee der Weltranglisten-Dritte, der zuvor nur gegen Landsmann Woojin Kim verloren hatte. Nur fünf Minuten nach seinem verlorenen Halbfinale musste Unruh wieder antreten und startete mit einer Neun. Diese wurde mit einer Zehn gekontert, und weil Unruh nach einer Zehn eine Acht auf die Scheibe brachte, Lee jedoch 19 Ringe hinzufügte, war der Satzrückstand da. Wie im gesamten Turnierverlauf steigerte sich Unruh, legte 28 Ringe vor, musste aber anerkennen, dass der Koreaner immer die bessere Antwort hatte (29). So war es nach zwei Zehnern und einer Acht im dritten Satz ebenfalls. Nach der Zehn und insgesamt 29 Ringen sah man den Koraner jubelnd in die Arme seines Trainers springen. Für Unruh blieb die Anerkennung von Bundestrainer Oliver Haidn, der tosende Applaus des Publikums und die Erkenntnis, absolute Weltspitze zu sein. „Die Schüsse haben sich heute nicht so gut angefühlt, ich habe mit dem Wind nicht so gut gearbeitet. Deswegen waren so viele aus dem Gold heraus und viele Zehner nicht dabei“, meinte Unruh nach dem Bronzematch. Bundestrainer Oliver Haidn war aufgrund der Begleitumstände etwas angefressen: „Ich muss die Organisation diesbezüglich kritisieren. Es ging in den Callroom rein, und wir konnten nichts analysieren, geschweige denn etwas trinken, weil wir nach einer Minute wieder rausmussten. Der Koreaner konnte runterkommen und auftanken. Und es war ganz schwer, so in das Match zu starten. Das war aus meiner Sicht nicht fair und wurmt schon.“

Im Halbfinale ging es gegen die US-Legende Brady Ellison. Dieser hatte in den Runden zuvor herausragende Leistungen gezeigt und u.a. den Koreaner Je Deok Kim im Viertelfinale ausgeschaltet. Unruh startete solide mit 27 Ringen in die erste Passe, doch das reichte gegen den US-Boy mit seinen 29 Ringen nicht. Der DSB-Athlet steigerte sich in der Folge, nahm mit 28-28 den ersten Punkt auf sein Konto, geriet dann aber trotz einer 29-er Passe mit 1:5 in Rückstand, weil Ellison drei Pfeile in die Zehn setzte. Doch Unruh kämpfte und belohnte sich mit einer weiteren 29er Passe, die dieses Mal (28) nicht gekontert werden konnte. In der fünften Passe zeigte sich aber erneut, dass eine Neun auf diesem Niveau bereits kein sehr guter Schuss ist: Und so kam es, dass Unruhs 27 Ringe nicht reichten, weil Ellison erneut 29 Ringe auf die Scheibe zaubert.

Foto: World Archery / Sportsmanship at it's best: Florian Unruh und Brady Ellison
Foto: World Archery / Sportsmanship at it's best: Florian Unruh und Brady Ellison

Das Viertelfinale war nichts für schwache Nerven. Gegner war Frankreichs Shooting-Star Baptiste Addis, die letzte Hoffnung des Gastgebers. Zunächst starteten beide Athleten verunsichert, produzierten jeweils nur 25 Ringe und teilten sich auch im Anschluss nach deutlicher Leistungssteigerung (29-29) die Punkte. Eine Sieben am Ende der dritten Passe ermöglichte dem Franzosen die Führung (26-27), sodass Unruh nun unter Druck stand. Und der 31-Jährige tat das, was er am besten kann: Abliefern! 29 Ringe im vierten Satz und 29 Ringe im fünften Satz führten zum 5:5-Ausgleich, was ein Shootoff, also einen Entscheidungspfeil bedeutete. Unruh legte vor und schoss ein X, eine perfekte Zehn. Zwar setzte auch Addis seinen Pfeil in die Zehn, doch dieser war deutlich sichtbar weiter entfernt vom Zentrum. Danach sagte der DSB-Schütze: „Drei Passen waren richtig gut, und das Stechen war richtig geil.“ Bundestrainer Haidn war geradezu euphorisch nach diesem Match: „Das Viertelfinale war unfassbar gut geschossen. Es war schwierig von den Rahmenbedingungen, Addis hat sehr stark angefangen und Florian war erst einmal hintendran. Aber Florian ist ruhig geblieben und hatte Vertrauen in seinen Schuss. Und wie er dann mit zwei Xern abgeschlossen hat, war natürlich eine wahre Freude. Das war mit das beste Einzelfinale, was ich hier gesehen habe.“

Im Achtelfinale gegen den Briten Tom Hall nahm Unruh erfolgreich „Revanche“ für die bittere Team-Niederlage im Last Qualifier, als die Briten dem deutschen Team den erhofften Team-Quotenplatz raubten. Dazu reichte Unruh eine solide Leistung, um sicher 7:3 (27-25, 28-28, 28-25, 26-27, 28-27) zu gewinnen. Die erste Passe war schnelle entschieden, da Hall mit einer Sieben begann, die dritte ebenso klar, weil der Brite einen Pfeil in die Sechs rutschen ließ. Zwar „schwächelte“ der Wahl-Berliner im vierten Satz mit einer Sieben, zeigte dann aber in der fünften Passe seine gewohnte Nervenstärke und schoss sich mit einer Neun zum Sieg. Zu diesem Match meinte er: „Das erste Match gegen Tom war etwas glücklich. Ein paar Fehler, die ich gemacht habe, wurden verziehen.“

Unruh wird nun noch einige Tage in Paris verbringen, ehe es zurück nach Deutschland geht. „Dann habe ich eine Woche Urlaub und bleibe vielleicht einfach nur zu Hause“, ehe es ihn wieder auf Ringejagd lostreibt: „Bei der Feldbogen-WM will ich gut schießen und einen Quotenplatz für die World Games holen.“

Haidn zog ein mehr als zufriedenes Fazit: „Ich bin mächtig stolz auf Florian. Er hat sein Ergebnis von Tokio nochmals deutlich verbessert. Er hat Silber im Mixed, und Platz vier im Einzel. Er kann mit erhobenem Haupt und schwerem Gepäck, der Medaille, nach Hause gehen. Aber die, die vorne dran sind, waren Weltklasse. Korea ist eine Welt für sich, sie haben das Unglaubliche nochmals gesteigert. Es ist uns gelungen, ansatzweise anzugreifen. Ich freue mich über diese Spiele, es waren definitiv die besten Spiele, die eine deutsche Recurvebogen-Mannschaft bei Olympia gezeigt hat. Wir haben eine Medaille, ein Halbfinale und einen sechsten Platz mit der Frauen-Mannschaft – das hatten wir noch nie. Und deshalb ziehe ich ein sehr positives Fazit. Ich kehre recht zufrieden nach Hause zurück.“

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