Bogensport

Bogensport bei Olympischen Spielen

Die Geschichte des Bogensports

Das Bogenschießen fand bereits bei den zweiten Spielen der Neuzeit im Jahr 1900 in Paris Eingang ins olympische Sportprogramm. Die Organisatoren der Weltausstellung, in deren Rahmen die Olympischen Spiele über mehrere Monate verteilt stattfanden, erklärten unabhängig vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) eine Fülle von Wettbewerben und Schauwettkämpfen zum olympischen Programm, sodass das Geschehen bis heute unübersichtlich ist und die offiziellen Listen des IOC von den Erkenntnissen der Sportgeschichte abweichen. Es soll Sportler gegeben haben, die erst Jahre später oder zeitlebens nie davon erfuhren, dass sie an Olympischen Spielen teilgenommen hatten oder Olympiasieger waren.

In Paris wurde sowohl auf Zielscheiben als auch auf (Holz-)Vögel geschossen. Die Regeln entsprachen aber den Bogenwettkämpfen, wie sie um die Jahrhundertwende in den Gegenden, aus denen die Teilnehmer kamen, üblich waren. Es wurde einzeln und in der Mannschaft auf unterschiedlich große, vogelförmige Holzplättchen gezielt, die an einem eisernen, pyramidenförmigen Leistengestell auf einer 30 Meter hohen Stange befestigt waren. Die Pfeile waren nicht spitz, sondern trugen einen umgekehrten Kegel mit der platten Seite nach vorne.

Das Bogenschießen auf Scheiben war mit zahlreichen Individual- und Mannschaftswettbewerben auf unterschiedliche Distanzen vertreten. Über drei Monate hinweg wurde an 48 Tagen geschossen. Die belgische Bogenschützenlegende Hubert van Innis (1866-1961) gewann hier ihre beiden ersten Gold- und noch eine Silbermedaille. Zwanzig Jahre später, bei den Spielen in Antwerpen 1920, sollten zwei weitere Einzel- und zwei Mannschaftsgoldmedaillen und noch zwei Silbermedaillen hinzukommen, sodass Van Innis als erfolgreichster Bogenschütze aller Zeiten gilt.

Vier Jahre später in St. Louis gehörte dann das Bogenschießen zu den ersten olympischen Disziplinen, in denen Frauen zugelassen waren.

1908 kamen bei den Olympischen Spielen in London drei Bogenwettbewerbe zur Austragung: die „Doppelte York-Runde“ mit 72 Pfeilen auf 100 Yards, 48 auf 80 und 24 auf 60 Yards; die Runde im „Kontinentalen Stil“ mit 40 Pfeilen auf 50 Meter, die drei Franzosen unter sich ausmachten. Und schließlich die „Doppelte Nationale Runde“, an der 25 Frauen teilnahmen und die über 48 Pfeile auf 60 und 24 auf 50 Yards ging. Insgesamt nahmen nur drei Nationen teil: Briten, Amerikaner und Franzosen. Die Doppelte York-Runde gewann William Dot, Spross einer sehr sportlichen Familie aus Wirral, der Gegend um Liverpool. Seine Schwester Charlotte „Lotti“ Dod, genannt „The Wirral Wonder“, galt als eine der Favoritinnen bei den Frauen. Lotti Dod war eine prominente Allroundsportlerin, hauptsächlich bekannt durch ihre fünf Siege beim Tennis in Wimbledon. Ihren ersten Titel gewann sie 1887 im Alter von 15 Jahren und ist damit bis heute die jüngste Wimbledongewinnerin. Beim Bogenschießen im White City Stadium 1908 musste sie sich nach einem Leistungseinbruch am zweiten Tag ihrer 53-jährigen englischen Konkurrentin Sybil „Queenie“ Newall beugen. Queenie Newall ist die älteste Frau, die jemals eine olympische Goldmedaille gewann.

Bei den Spielen in Antwerpen 1920 gab es im Bogenschießen für die Herren einzeln und in der Mannschaft in acht verschiedenen Wettbewerben auf Vogelziele Medaillen zu gewinnen, die Damen fehlten ganz.

Auf der 63. IOC-Tagung im Oktober 1965 in Madrid wurde das Bogenschießen in die Liste der Sportarten für die Olympischen Spiele in München 1972 aufgenommen. Bis dahin war es ein steiniger Weg gewesen: Für 1936 in Berlin war das Bogenschießen als Demonstrationssportart im Gespräch, bevor Baseball und Segelfliegen den Zuschlag bekamen. Seit 1957 hatte die Disziplin dann auf der Liste der 24 vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) als olympiatauglich anerkannten Sportarten gestanden, allerdings nur als „Optional Sport“, eine Kategorie, aus der der jeweilige Ausrichter der Spiele nach Gutdünken Wettbewerbe aussuchen konnte. 1964 in Tokio wählten die Japaner Judo und Volleyball und zeigten das traditionelle Kyudo zusammen mit Kendo und Sumo-Ringen im Rahmen einer Samurai-Ausstellung. Die Mexikaner ließen vier Jahre später aus Kostengründen nur die Option Judo zu.

Seit den Spielen von 1972 in München ist das Bogenschießen getrennt für Männer und Frauen olympische Disziplin, seit Seoul 1988 gibt es jeweils auch Mannschaftswettbewerbe, in Tokio 2020 wurde erstmals auch ein Mixed-Wettbewerb ausgetragen.

Und auch das deutsche Quartett kann in Paris Historisches schaffen: Noch nie in der olympischen Geschichte konnten deutsche Bogenschützen an drei aufeinanderfolgenden Spielen Medaillen gewinnen.